Solarbranche und die Corona-Krise

von Vivian Bullinger | 28.05.2020

Die Krise ist da. Lieferengpässe, PV-Deckel, sinkender Zubau aber auch Homeoffice und abgesagte Messen machen den PV-Unternehmen 2020 zu schaffen. Was kann man aus vergangenen Krisen lernen, welche Stärken besitzt die Solarbranche und wie kann man als Unternehmen die aktuellen Herausforderungen bewältigen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, haben wir die aktuelle Lage aus verschieden Perspektiven genauer betrachtet.

1. Ein Rückblick: Die letzte globale Krise – Weltfinanzkrise 2007

Aktuell befinden wir uns in einer globalen Krise – nahezu jedes Land und jeder Wirtschaftszweig ist davon betroffen. Ein Blick zurück, kann dabei helfen mögliche Wege durch die Krise zu finden. Die letzte globale Krise, die sogenannte Bankenkrise oder Weltfinanzkrise, begann im Jahr 2007 in den USA und führte zur Eurokrise.

Weltweit gingen Banken bankrott oder wurden verstaatlicht, damit einhergehend stieg die Staatsverschuldungen vieler Staaten stark an. Als Folge der Krise gab es Produktionssenkungen, die u. a. zu zahlreiche Unternehmenszusammenbrüchen führten.

Wichtig für die Bewältigung der vergangenen Finanzkrise, waren dass erkennen der Fehler bzw. Probleme und deren Veränderungen oder Behebung. Auch langfristig wurden Mechanismen – wie z. B. Banken müssen heute mehr Eigenkapital halten als früher, das Insolvenzrecht wurde geändert, Verbraucherrechte wurden gestärkt – gefunden werden, um eine Wiederholung zu vermeiden. (Quelle: Wikipedia, Weltfinanzkrise)
Krisen können also auch eine Chance sein, um Probleme aufzudecken oder Schwachstellen in Systemen aufzudecken und verlangen oftmals neue Lösungen zu finden.

 

2. Stärken und Schwächen der Solarbranche

Natürlich geht die Krise auch an der Solarbranche nicht vorbei. Schon jetzt zeichnet sich ein Rückgang des Zubaus von rund 13 % ab.(Quelle: PV Magazine, IEA: Covid-19-Krise senkt Erneuerbaren-Zubau 2020 um 13 Prozent). In solchen schwierigen Zeiten ist es gut seine Stärken und Schwächen zu kennen.

Stärke: Die Solarbranche ist krisenerfahren

Wenn sich eine Branche mit Krisen bzw. schwierigen Bedingungen auskennt, dann ist es die Solarbranche. Nach Jahren der Krise ist der deutsche Solarmarkt 2018 wieder etwas gewachsen. Einer der Tiefpunkte war mit den Insolvenzen von SolarWorld und Phoenix Solar erreicht. Diese zogen den Verlusten von 100.000 Arbeitsplätzen mit sich. Und dennoch erklärte Detlef Neuhaus, der Geschäftsführer des Modulherstellers Solarwatt: „Die Krise war das Beste, was uns je passieren konnte.“ Und das obwohl er mit Solarwatt selbst im Jahre 2012 eine Insolvenz hinter sich hat. Das Schlimmste sei jetzt aber überstanden, meinte Neuhaus überzeugt. (Quelle: Handelsblatt, Nach ihrer schweren Krise ruft die gebeutelte Solarbranche ihr Comeback aus)

Warum? Weil die Krise aufgezeigt hat, dass die deutsche Solarindustrie den Kampf um die Modulproduktion wohl verloren hat. Die deutschen Hersteller und auch sein Unternehmen müssten sich dazu umstrukturieren. Die Zukunft liege im Energiemanagement und bei den Batteriespeichern, so Neuhaus.
Die Branche in Deutschland entwickelte neue Geschäftsmodelle für regenerativen Photovoltaikstrom, welcher von der Gesellschaft akzeptiert wurde.

Der Aufwärts- und Abwärtstrend in der Branche ist auch deutlich an der installierten Leistung pro Jahr zu erkennen. Trotz zahlreicher Widrigkeiten und großen Verlusten, z. B. der Modulproduktion, steht Deutschland auf Platz vier im weltweiten Vergleich. Mit 49,2 Gigawatt Stand Januar 2019 besitzt Deutschland rund 40 % aller PV-Installationen innerhalb der EU.

Top 10 Länder mit die höchsten installierten PV-Leistung im Jahr 2019. (Quelle: IEA PVPS)

Schwäche: Die Solarbranche ist gebunden

Zwei Faktoren haben großen Einfluss auf die Solarbranche in Deutschland: Sie ist stark an von Produkten aus China abhängig und an die politischen Rahmenbedingungen gebunden.

Viele Projekte könnten theoretisch weiter gebaut werden, doch fehlt es zurzeit an Komponenten aus China, wie Modulen und Wechselrichter. Diese Lieferengpässe machen dem PV-Markt, u. a. aufgrund des hohen Termindrucks, sehr zu schaffen.

Im Bereich der politischen Rahmenbedingungen stellen vor allem Begrenzungen des Ausbaus und der Förderprogramme die PV-Branche vor immer neue Herausforderungen. In Deutschland sieht es aktuell nach der Aufhebung des sogenannten 52-Gigawatt-Deckels für die Photovoltaik aus, allerdings besteht noch kein konkreter Zeitplan, wann dieser Fallen soll. Damit bleibt weiterhin ein Unsicherheitsfaktor bestehen, der sich besonders auf die Planung neuer Projekte auswirken kann. Aber nicht nur in Deutschland beeinflussen politische Faktoren die PV-Branche. So besteht z. B. in den USA momentan ein hoher Termindruck für den Ausbau der Photovoltaik. Denn hier sinken die Steuergutschriften (ITC) für den Bau von PV-Anlagen schrittweise ab 2020.

3. Neue Wege in Krisenzeiten finden

Die Branche steht momentan vor großen Herausforderungen, deren Lösung, in den meisten Fällen, Zeit benötigen wird. Daneben stehen die einzelnen Unternehmen vor kleineren Herausforderungen, die aber einer schnellen Lösung bedürfen.
Innerhalb kürzester Zeit musste Homeoffice für Großteile der Belegschaft organisierter und ganze Messekonzepte neu entwickelt werden. Auch die Solare Datensysteme GmbH stand vor diesen neuen Aufgaben und musste Wege finden diese effektiv umzusetzen. Dabei war sicherlich der Umstand zu den mittelständischen Unternehmen zu zählen ein Vorteil. Dank flacher Strukturen und hoher Flexibilität konnte vieles schneller, teilweise einfacher umgesetzt und vielleicht auch besser umgesetzt werden.

Zeit für die Digitalisierung

Was uns die „Corona-Krise“ jetzt schon gezeigt hat, ist der hohe Stellenwert der Digitalisierung. Millionen von Menschen sitzen im Homeoffice und sind darauf angewiesen, dass das Internet funktioniert. Ohne diese Möglichkeit von Zuhause aus zu arbeiten, wären die wirtschaftlichen Auswirkungen noch viel gravierender.

Das „neue“ Homeoffice, welches in dieser Größenordnung wirklich neu ist, mag anfangs zu Schwierigkeiten führen. Neben den technischen Voraussetzungen müssen Prozesse neu organisiert werden. Damit ändert sich der Arbeitsalltag teilweise grundlegend, besonders in puncto Eigenverantwortung. Diese hat, in vielen Unternehmen, eine ganz neue Bedeutung erlangt. Positiver Nebeneffekt, mehr Eigenverantwortung stärkt die Motivation. Ein weiterer Punkt, der sich jetzt bemerkbar macht, ist der Vorteil von kleinen Teams. Diese lassen sich im Homeoffice einfacher koordinieren und sind dadurch meist effektiver und weniger krisenanfällig. Zudem profitieren Unternehmen deren Standorten nicht in der Nähe der großen Metropolen oder Städten liegen von dezentralen Arbeitsplätzen. Denn qualifizierte Fach- und Führungskräfte können einfacher gewonnen werden, wenn der neue Arbeitsplatz nicht mit einem Umzug verbunden ist.

Die Solare Datensysteme GmbH hat große Teile der Abteilungen momentan im Homeoffice. Dadurch ist die Eigenverantwortung jedes einzelnen Mitarbeiters nochmals gestiegen, zudem haben alle ein gemeinsames Ziel vor Augen: die Krise so gut wie möglich zu meistern. So dass man jetzt schon sagen kann, ist, dass die Krise das Wirgefühl weiter gestärkt hat.

Kreative Wege und neue Lösungen

Das Motto sollte lauten: Raus aus der Komfortzone, weg von der Problem- hin zur Ergebnisorientierung.
Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist die Absage der diesjährigen Intersolar 2020. Wie kann man die neuen Produkte trotzdem den Kunden präsentieren und wie kann man daraus ein Event machen? Auch hier liegt die Lösung in der Digitalisierung. Kurzerhand wird die Messe ins Internet verlagert. Der Messestand wird online präsentiert und dem Kunden dabei die Möglichkeit geboten, sich über Produktneuheiten zu informieren – ganz wie auf der physischen Messe. In diesem Fall sogar sehr komfortabel auf dem PC z. B. von der Couch aus.
Entsprechende Webinare und interessante Vorträge ergänzen das virtuelle Messeprogramm.

4. Fazit: Die Solarbranche ist flexibel, innovativ und zukunftsweisend.

Eine Krise kann dabei helfen Missstände besser zu erkennen und Neues zu versuchen. Die Solarbranche und deren Unternehmen zeichnen sich durch ein hohes Maß an Flexibilität und Kreativität aus. Vielleicht ist das einer der Vorteile einer noch jungen Branche. Dennoch gibt es auch hier eingefahrene und veraltetet Strukturen, die durch die Krise sichtbar werden und die es zu überdenken gibt.

Dazu zählen sicherlich die Lieferketten und die daraus entstehenden Abhängigkeiten. Macht es Sinn, die Komponenten überwiegend in einem Land zu produzieren? Wären weitere Produktionsstandorte wirtschaftlich? Welche Vorkehrungen kann man treffen, um Lieferengpässe abzumildern? Die jetzige Krise zeigt Schwachstellen der Branche auf und ermöglicht deren genauere Analyse. Es wird sich zeigen, ob diese Analysen zu Änderungen und ggf. zu Verbesserungen der bestehenden Strukturen führen.

Gemeinsam ist man stark – auch das bewahrheitet sich in schwierigen Zeiten immer wieder. Ein Weg gemeinsamer voranzukommen sind Kooperationen. Sie können dazu beitragen Wirtschaftsstandorte zu stärken und neue Produkt schneller und kostengünstiger auf den Markt zu bringen.

Ein weiterer Punkt, der für die Erneuerbaren Energien spricht, ist der Umweltfaktor. Die zunehmende Klimaerwärmung wird die Welt vor weitere große Probleme stellen. Ein wichtiger Faktor, um die Erwärmung zu verlangsamen, ist dabei der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die PV-Energie gehört damit zu den Technologien, die sehr wahrscheinlich in Zukunft zunehmend gefragt sein werden.

Die Chance besteht, aus der jetzigen Krise gestärkt hervorzugehen, wenn die richtigen Schlüsse gezogen und die Stärken der Branche genutzt werden.

Welche Schlüsse haben Sie für sich gezogen, welche Schlüsse sollte die PV-Branche Ihrer Ansicht nachziehen?
Wir freuen uns auf Ihre Kommentare!

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